Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit Rundschreiben vom 9. Dezember 2024 hat der Geschäftsbereich Tarif unseres Dachverbandes dbb beamtenbund und tarifunion über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Überstundenzuschlägen von Teilzeitbeschäftigten vom 5. Dezember 2024 (Aktenzeichen 8 AZR 370/20) informiert, die auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 29. Juli 2024 (Aktenzeichen C-184/22 und C185-22) Bezug nimmt. Die Entscheidungsgründe des BAG sind derzeit noch nicht veröffentlicht. Dennoch wollen wir dieses Thema aus gegebenem Anlass bereits jetzt schon aufgreifen und Euch informieren.

Entscheidung des BAG

Das BAG hat entschieden, dass tarifvertragliche Regelungen, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten voraussetzen, gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter verstoßen, wenn die Ungleichbehandlung nicht sachlich gerechtfertigt ist. Wenn sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung fehlen, liegt diesbezüglich außerdem regelmäßig eine mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind.

Mögliche Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst

Es besteht vorbehaltlich der Entscheidungsgründe die Möglichkeit, dass vor dem Hintergrund dieses Urteils auch tarifvertragliche Regelungen im öffentlichen Dienst neu zu bewerten sind, die Teilzeit- und Vollzeitkräfte in Bezug auf Überstundenzuschläge ungleich behandeln. Beispielsweise TVöD, TV-L und TV-H sehen Zuschläge für Überstunden vor, wobei Überstunden grundsätzlich als auf Anordnung des Arbeitgebers geleistete Arbeitsstunden definiert werden, die über die regelmäßige Arbeitszeit von Vollbeschäftigten hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. Die für Teilzeitbeschäftigte angeordneten und nicht ausgeglichenen zusätzlichen Arbeitsstunden bis zum Erreichen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten werden also nicht mit Zuschlägen ausgeglichen. Dies könnte eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten und gegebenenfalls eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellen. Das Tarifrecht der Autobahn GmbH des Bundes hat bereits eine entsprechende Tarifregelung, die eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten grundsätzlich ausschließt, wobei auch hier eine Benachteiligung nach dem AGG gegeben sein könnte.

Voraussetzungen für das Vorliegen von zuschlagspflichtigen Arbeitsstunden

Zu beachten ist, dass zuschlagspflichtige Arbeitsstunden von vornherein nur vorliegen können, wenn es sich um vom Arbeitgeber angeordnete zusätzliche Arbeitsstunden handelt, die nicht innerhalb der im Tarifvertrag vorgesehenen Frist durch Freizeit ausgeglichen wurden. Die etwa im Rahmen von Gleitzeit geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden stellen in der Regel mangels Anordnung keine zuschlagspflichtigen Arbeitsstunden dar. Auch Arbeitsstunden innerhalb eines festgelegten Arbeitszeitkorridors oder einer täglichen Rahmenzeit, die durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt sind, stellen keine zuschlagspflichtigen zusätzlichen Arbeitsstunden dar. Darüber hinaus können keine Zeiten geltend gemacht werden, die nicht innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist liegen, die also etwa im Geltungsbereich von TVöD und TV-L schon mehr als sechs Monate zurückliegen.

Mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts

Eine nicht sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten kann außerdem laut BAG eine mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts darstellen, wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind. Dann kann ein Entschädigungsanspruch nach AGG bestehen. In dem genannten Urteil hat das BAG der betroffenen Teilzeitbeschäftigten 250 Euro zugesprochen. Der Anspruch auf Entschädigung muss, anders als tarifvertragliche Ansprüche, innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Diskriminierung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Wenn der Arbeitgeber den Antrag ablehnt, kann der Anspruch innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Antragstellung auf dem Klageweg geltend gemacht werden.

Musterantrag

Einen Musterantrag für Tarifbeschäftigte in Teilzeit zur individuellen Geltendmachung eventueller Ansprüche auf Überstundenzuschläge innerhalb der tarifvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist und Entschädigung gemäß AGG steht als Download auf unserer Internetseite zur Verfügung oder kann auch in der VDStra.-Bundesgeschäftsstelle angefordert werden. Der Antrag und die vorgesehenen Möglichkeiten zum Ankreuzen müssen in jedem Fall individuell geprüft und mit einer Auflistung der geltend gemachten zusätzlichen Arbeitsstunden, die angeordnet und nicht durch Freizeit ausgeglichen wurden, als Anlage beigefügt werden.

Für verbeamtete Kolleginnen und Kollegen wird es seitens unseres Dachverbandes dbb beamtenbund und tarifunion eine gesonderte Information geben die wir dann zeitnah veröffentlichen werden.

Rundschreiben v. 19.12.2024 – Teilzeitbeschäftigung Ansprüche

Anlage zum Rundschreiben – Musterantrag Überstundenzuschlag bei Teilzeit – 19.12.2024